Wo ist das Plus?


Und wieder pilgern die Modejünger zur Fashion Week nach Berlin. Shows, Messen, Get Togethers, Plus Size Mode. Viel Style, Rennerei und neue Visitenkarten. Wenig zu Essen, Schlaf und Zeit zum Luftholen. Es war die bisher stressigste Modewoche für mich mit unzähligen Terminen, neuen Gesichtern und Eindrücken. Aber ohne wirkliche Vielfalt.
autor: KATJA
Ich habs dieses Mal leider etwas verplant. Hingefahren bin ich erst am Dienstagnachmittag und habe damit nicht nur die Eröffnungsparty, sondern auch einige Shows verpasst. Nun ja, zumindest die Zugfahrt war angenehm und auch gemütlich, denn bei meinem Outfit achte ich immer sehr darauf, dass er nirgends zwackt und zwickt. Wie schon im Januar habe ich mich hier für meine Samt-Leggins entschieden. Dazu ein Streifenshirt, das ich im H&M-Sale ergattert habe. Bei der Jeansjacke zeigt sich mal wieder, wie toll man Klassiker auf Flohmärkten finden kann. Super Teil. Dazu zwei kleine Farbkleckse: MABLE-Ohrringe mit Kunstpelz und gelbe Mules. Im Nachhinein waren letztere keine gute Wahl. Die haben die Koffer-Rollen einige Male abbekommen und sind jetzt eher grau als gelb.
Wieder was gelernt.


In Berlin angekommen habe ich erst einmal mein tolles Altbau-Zimmer in der Nähe des Ku’Damms bezogen. Was ich nicht gelesen hatte: die Unterkunft hatte kein Wlan. Mein Handy wurde also ordentlich beansprucht. Dafür hatte ich mir zwei Pakete direkt an die Berliner Adresse schicken lassen, was mir viel Geschleppe ersparte – und eine große „Ja ist denn heit scho Weihnachten?“ – Auspack-Freude. Ich habe dann noch bis halb zwei Uhr morgens Sachen und Kombinationen durchprobiert und habe erst aufgehört, als mein Schrittzähler meldete, dass ich bereits das Schritt-Ziel für den nächsten Tag erreicht hatte.
Ja, übertreiben kann ich.

Mein erster offizieller Termin: die Plus Size Lounge von Tanja Marfo. Für mehr Vielfalt in der Modelandschaft der Fashion Week hatte Tanja diese Veranstaltung auf die Beine gestellt. Hier wurden Models für die PSFDays Hamburg gecastet, über Mode und Plus Size diskutiert und mit mir an stylischen Söckchen gebastelt.
Socially Awkward
Dabei konnte ich mit vielen neuen Gesichtern ins Gespräch kommen, etwas, das mir generell eher schwer fällt. Bei der nächsten Veranstaltung werde ich ein Shirt mit der Aufschrift „Socially Awkward“ tragen. Ich dachte mir am Abend wieder: „Mensch, da hättest du mal nachfragen können, mit dieser Person hättest du länger quatschen können, hier hätte mich noch was interessiert.“ Mit Anderen zu interagieren ist für mich manchmal immer noch schwierig, mein Kopf schaltet aus. Meistens kann ich es gut überspielen, atme ein Mal durch und taue mein Hirn wieder auf.
Ich wirke ganz anders, als ich eigentlich bin.


Früher hatte ich regelrecht Panik, fremde Menschen anzusprechen. Ich kann mich an eine Party erinnern, auf der einige Promis vertreten waren und ich wollte mein Label etwas promoten. Dazu musste ich eine Freundin vorschicken, die die Leute angesprochen hat, weil ich Schweißausbrüche bekommen habe, nur beim Gedanken daran, jemand anderen in einem Gespräch zu unterbrechen.
Heute wird es mit jeder Veranstaltung besser, nicht zuletzt, weil immer Leute da sind, die ich schon kenne und die mich vorstellen.
Dabei hatte ich zwei Looks mit Teilen aus meiner Kooperation mit Happy Size.
Das Kleid ist einfach super bequem und war perfekt für den warmen Tag. Darunter hatte ich übrigens kleine Spitzen-Bänder, damit meine Oberschenkel sich nicht aufreiben. Die Bauchtasche hatte ich nicht nur ein Mal dabei, um Handy und Kleinigkeiten schnell zu verstauen und einsatzbereit zu haben.


Vor allem das Baseball-Shirt hat es mir angetan, da man es SO vielseitig stylen kann. (Einen anderen Style kannst du dir in diesem Artikel anschauen) Hier habe ich es oben etwas aufgeknöpft und off-shoulder getragen. Damit es nicht verrutscht, habe ich das Shirt mit dem breiten Gürtel in der Taille fixiert. Normalerweise kein Fan von Leo-Prints habe ich mich in diese Stiefeletten aus dem ASOS-Sale sofort verliebt. Ich bin sogar losgestiefelt und habe mir passenden Lippenstift in orange gekauft. Lidschatten in grün hatte ich dabei und habe so das sonst farblose Outfit aufgemotzt. Damit konnte ich sogar den King of Eccentric – Riccardo Simonetti – beeindrucken, der saß beim Casting nämlich neben mir. Er wird im September auch die Plus Size Fashion Days moderieren, worauf ich mich schon mega freue.
No rest for the wicked
Nach der Lounge ging es für mich selbst zu einem Casting, dann weiter zur Wundercurves X The Curvy Magazine Party und später am Abend noch zur Party von For Sinners Not For Saints. Die beiden Jungs, die einen Blog mit dem gleichen Namen haben, hatten zur „A Cry For Diversity“ – Party geladen. Nach vier Terminen an diesem Tag bin ich um 2 Uhr morgens endlich ins Bett gefallen.

Mein erster Stopp am nächsten Tag war die Hashmag Lounge. Hier stellen sich Unternehmen Bloggern und Journalisten vor, präsentieren neue Produkte und lassen sich Löcher in den Bauch fragen. Meistens kann man hier auch kreativ werden, wie zum Beispiel am Stand von Bijou Brigitte, wo man sich nicht nur eine Sonnenbrille aussuchen, sondern auch noch die passende Brillenkette dazu basteln konnte. Bei eis.de habe ich den Vibrator meines Herzens gefunden, ein kleines lila Häschen, das leuchtende Wangen bekommt, wenn man es anschaltet. Süß und effektiv zugleich ;).
Die Mode Messe
Danach bin ich mit Stella zur Panorama gedüst. Es war der letzte Tag der Messe und sie war ausgestorben. Schon im Vorhinein war bekannt geworden, dass es keine „Hipstar“ Halle mehr geben wird, in der bisher die Plus-Labels zuhause waren. Einige Übergrößenlabels gab es dennoch: in der letzten Halle, die zwar „BELLE“ genannt wurde, aber alles andere als das war. Winzig und mit äußerst angefressenen Ausstellern. Wenig interessierte Einkäufer, die Stände zu teuer.
Kein gutes Image für die Plus-Labels, die Panorama und auch die Fashion Week.



Auf dem Weg zurück ins Apartment bekam ich eine Nachricht von Claus von Extra Inches, dessen Begleitung ich für seine geplante Abendveranstaltung geworden bin. Vorher war ich nie auf Shows, entweder, ich hatte eigene Verpflichtungen als Modedesigner während der Fashion Week oder ich dachte mir, als Designer schaut man blöd aus auf Shows anderer Designer. Als ob man es selbst nicht schaffen würde, eine solche Show auf die Beine zu stellen. Darauf habe ich dieses Mal geschissen.
In der Modewelt vergleicht man sich so schnell mit anderen, deren Presseaufmerksamkeit, finanziellem Erfolg und Celebrity-Status. Dabei kann man – vor allem in kreativen Berufen – einfach auf keiner neutralen Ebene bewerten und vergleichen. Und ich habe sehr lange gebraucht, um das zu verstehen.
Also umso mehr auf meine erste Fashion Week Show gefreut, schnell neu in Schale geworfen, losgedüst und – in eine Odyssee gestolpert. Wir wollten zum RebelPin Award, der im E-Werk verliehen wurde. GoogleMaps schickte uns einmal um den kompletten Block, was mit meinen High Heels nicht gerade für Begeisterung, dafür aber für ordentlich Blasen sorgte. Ich muss auch sagen, dass ich die hohen Hacken nach dem Foto gegen die flache Version getauscht habe.
Grosse Augen bei den Gästen
Generell hat mein eher transparenter Look aber für viel Aufsehen – im wahrsten Sinne des Wortes – gesorgt. Mir wurde so viel nachgeschaut und -getuschelt wie sonst nie. Uh. Eine füllige Person MIT Cellulite in einem durchsichtigen Teil, darunter nur ein schwarzer Body. Dabei habe ich nicht eine einzige blöde Bemerkung gehört oder auch ein Kopfschütteln gesehen. Angenehm überrascht.
Danke Berlin Fashion Week, du hast Potential.





Sanna Schubert, Germany
Miriam Prat Gutierrez, Spain
Carolina Rönnberg, Sweden
PROBIERE DAS MOUSE OVER!

Und schon geht es wieder heim! Jetzt hieß es erstmal: „Hilfe, wie bekomme ich das alles wieder heim?“
Alle Retouren verpackt, alle Schuhe in einen übrig gebliebenen Karton und ab damit zur Post an die Heimatadresse. Ich bin froh, dass ich das nicht alles im Zug transportieren musste. Noch auf ein Pläuschchen mit Claus und Tanja getroffen, lecker Kuchen gegessen und dann ganz entspannt in den Zug gesetzt.
Kurz vor München ein kleiner Schock: Ich schaue von meinem Laptop auf, der komplette Wagen ist leer. Keine Seele mehr zu sehen. Heim gekommen bin ich trotzdem, aber es wollte wohl keiner mehr mit in die bayrische Hauptstadt.
Es war mir zu wenig.
Die Berliner Fashion Week stirbt gefühlt jedes Jahr etwas mehr. Viele Marken zeigen lieber auf den Modewochen in London und Mailand, Events sind generell recht ruhig.
Auch in Sachen Plus Size wird es nicht besser. Genau deswegen hat Tanja ja auch ihre Plus Size Lounge veranstaltet. Trotzdem hätte ich gern mehr Vielfalt auf den normalen Laufstegen gesehen. Als ich im Zug heimwärts saß, veranstaltete Michael Michalsky seine StyleNite – und schickte ganz selbstverständlich zwei Curvy Models über den Catwalk. Ohne TamTam, ohne extra Ankündigung. So stelle ich mir Größenvielfalt vor.
Vielleicht ein Vorbild für die nächste BFW? Wir werden es im Winter sehen.
DAS mableMAG IST DA, UM DICH ZU INSPIRIEREN

Designerin und Stylistin bei mable. Ich liebe es, ausgefallene Teile mit tollen Basics zu kombinieren und damit einen ganz eigenen Look zu schaffen.
In meiner Freizeit lese ich wahnsinnig gerne, backe und koche viel und suche online nach den neuesten Schuhtrends!